IKARUS – DER ZWEITE VERSUCH
Über den richtigen Einsatz von Wachs
Edda Jachens – Bim Koehler – Thomas Mükisch – Ursula Neugebauer – Sybille Neumeyer – Robin Rose- Timm Ulrichs
Bender Talk:
„song for the last queen – von Bienen und Kunst“
am 14. April, Beginn 19 Uhr
Ausstellungsdauer vom 11. März bis 30. April 2016
Wenn Wachs im Spiel ist sollte man tunlichst überlegen, wie nahe man der „Sonne“ kommt…
Ikarus war übermütig geworden und vergaß vermutlich, dass die Federn seiner Schwingen nur mit Wachs angeklebt waren. Als er dann der Sage nach in seiner Freude des Fliegens der Sonne zu nahe kam, schmolz das Wachs und er stürzte ins Meer.
Des Einen Fluch ist bei bewusstem Einsatz für den Anderen Segen. Viele Künstler arbeiten genau mit dem „Schmelzen“ des Wachses. Schon in der klassischen Enkaustik wird das Pigment in das weiche Wachs eingerührt und dann, zumeist mit einem Pinsel oder einer heißen Spachtel auf Leinwand, Holz, Papier oder ein anderes Trägermaterial aufgetragen. Die Faszination des wächsernen Glanzes begeisterte Künstler über die Jahrtausende hinweg. Die Technik, benannt nach dem Griechischen „enkauston (eingebrannt)“, gehörte zur Grundausbildung eines jeden Künstlers der Antike. Noch heute gibt es zahlreiche Beispiele aus ägyptischer, griechischer oder römischer Zeit, die oft farblich weitaus besser erhalten sind als die späteren Ölmalereien. Wie so vieles geriet diese aufwendige Technik, die viel handwerkliches Geschick verlangt, in Vergessenheit. Umso interessanter ist es, dass zeitgenössische Künstler sich immer wieder mit dem Thema Wachs auseinandersetzen. Nicht immer in Form der Enkaustik, so wie sie z.B. der US-Amerikaner Robin Rose einsetzt, sondern auch in Form von isolierenden Zwischenschichten, wie Bim Koehler sie in seinen frühen Arbeiten verwendete. Edda Jachens nutzt sie als „Versiegelung“ und optische Vertiefung ihrer Malerei auf Papier oder Holz. Das Erhitzen des Trägermaterials, auch schon in der Antike angewandt, nutzt der österreichische Künstler Thomas Mükisch. An warmen Sommertagen legt er Stahlplatten an die Fenster seines Ateliers und läßt diese durch die Sonne „erhitzen”. Schnell reibt er in Folge dann sogenannte Thermomelt®-Kreiden auf die warme Metallplatte und nutzt das Phänomen der durch Wärme erzeugten Farbveränderung. Ursula Neugebauer hingegen arbeitet mit transluzentem weißem Paraffin um mit unzähligen kleinen ausgegossenen Platten, an zarten Schnüren schwebend, eine Rauminstallation zu kreieren, die Assoziationen an eine bewegte Eislandschaft weckt.
Ganz anders setzen sich die Künstlerin Sybille Neumeyer sowie der Künstler Timm Ulrichs mit dem Thema Wachs auseinander, nämlich mit seinen natürlichen Erzeugerinnen, den Bienen. Während Timm Ulrichs im positiven Sinne die fleißigen Bienen im Bienenstock „nutzt” um seine Keilrähmchen von den Bienen mit ihrem sorgfältigen Wabenwerk auszubauen, thematisiert Neumeyer das seit Jahren existierende und immer schlimmer werdende globale Bienensterben. In ihrem Werk „song for the last queen“ füllt sie Honig in kleine Glasröhrchen und positioniert darin an unterschiedlichen Stellen tote Bienen. In Leuchtkästen gesetzt, berühren uns diese toten Arbeiterinnen. Von Ferne betrachtet hingegen formen sie im Auf und Ab ihrer Position im Gläschen eine Art Partitur eines imaginären Musikstücks.
Lassen Sie sich ein auf diese vielfältige Ausstellung, die das Thema „Wachs” von unterschiedlichsten künstlerischen Seiten beleuchtet.
BENDER TALK #1
Unsere neue Veranstaltungsreihe Bender Talk versammelt Experten verschiedenster Fachgebiete ebenso wie Künstler zum gemeinsamen Gespräch in der Galerie.
Die erste Veranstaltung im Kontext zur aktuellen Ausstellung „IKARUS – der zweite Versuch. Über den richtigen Einsatz von Wachs“ fand am 14. April 2016 statt:
Bender Talk: „song for the last queen – Von Bienen und Kunst“
mit
Sybille Neumeyer – Künstlerin
Peter Weber – Künstler und Imker
Time4tunes: Friedamaria Wallbrecher, Bettina Fuchs, Evelyn Löhr, Christiane Kaiser
und anschließender Honigverkostung.
Das A-Capella-Quartett Time4tunes interpretierte als Auftakt in den Abend die als stumme Notation gesetzte Arbeit „song for the last queen“ der Künstlerin Sybille Neumeyer. In der Arbeit thematisiert Neumeyer das seit Jahren existierende globale Phänomen des Bienensterbens. Sie bettet tote Bienen in Honig und reiht diese in Glasröhrchen aneinander. Durch eine variierende Positionierung der Bienen in den Röhrchen setzt die Künstlerin eine großflächige Notation. Dem Betrachter bleibt offen, die Partitur als kryptische Zeichen wahrzunehmen oder nach einer Lesbarkeit zu suchen, die in einer Verklanglichung liegen kann aber nicht muss.
Sybille Neumeyer führte im Anschluss in die Hintergründe Ihrer Arbeitsweise ein. In ihrem künstlerischen Werk übersetzt sie Phänomene und Strukturen aus Natur und Umwelt u.a. in Installationen und Bewegtbildarbeiten. Dabei fliessen Recherchen gleichermaßen wie subjektive Erfahrungen in den Arbeitsprozess ein.
Einen Einblick in die Bienenhaltung gewährte uns dann Peter Weber, der uns einen Blick in einen seiner Bienenstöcke werfen liess. Der Künstler und langjährige Bienenvater brachte uns die Herausforderungen und Probleme näher, die die Haltung dieser für den Menschen so wichtigen Tiere heute birgt. Zum Abschluss gab es eine Honigverkostung.